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Sternenjägerin spürt älteste bekannte Sonne auf

Die Zeit, 9.2.14

Anna Frebel ist die Archäologin der Sterne. Sie sucht Relikte im All. Mit SMSS0313 – 6708 präsentiert sie nun das Fossil der Sonnen. Es erzählt vom Ursprung des Kosmos.

Das erste Mal, im Jahr 2005, hätte es noch Anfängerglück sein können. Da fand eine 25-jährige deutsche Astronomin den bis dahin „metallärmsten“ bekannten Stern. Ein Methusalem am Himmel, der kurz nach dem Urknall geboren worden war. Hunderte von Nächten hatte sich Anna Frebel damals um die Ohren geschlagen, um die Spektren einzelner Sonnen am Himmel zu vermessen. Und sie fand die Nadel im Heuhaufen.

Nun liefert sie den Beweis, dass ihre Methode keine Zufallstreffer liefert: Zusammen mit ihrem Team beschreibt sie im Magazin Nature einen neuen Rekordhalter. Die Sonne im südlichen Sternbild Kleine Wasserschlange, kurz SMSS0313 – 6708 genannt, gehört mit ziemlicher Sicherheit zur zweiten Generation von Sternen, die kurz nach der Geburt des Kosmos vor 13,7 Milliarden Jahren entstanden

Raus aus den Löchern

Die Zeit, 6.2.14

Sie schlucken alles. Oder doch nicht? Der Physiker Joseph Polchinski über das Wesen der Schwarzen Löcher.

DIE ZEIT: Was befindet sich im Zentrum unserer Milchstraße?

Joseph Polchinski: Ein echtes Schwarzes Loch.

ZEIT: Aber Stephen Hawking hat nun gerade gesagt: „Es gibt keine Schwarzen Löcher.“

Polchinski: Niemand weiß genau, was Stephen Hawking sagt. Ein Grund dafür ist, dass sein Artikel nur vier Seiten lang ist. Er argumentiert, Schwarze Löcher hätten nicht den klassischen Ereignishorizont, der nach Einsteins Gleichungen alles, sogar das Licht, für immer einfängt, sondern nur einen „scheinbaren Horizont“. Und in einer sehr fernen Zukunft könnte dieser Horizont aufhören zu existieren, und man könnte entkommen

Signifikanter Unsinn

Die Zeit, 27.12.13

TausendeViele Forscher haben Probleme mit den Grundbegriffen der Statistik.

Signifikanz – das ist das Siegel, das ein naturwissenschaftliches Paper braucht, um glaubwürdig zu sein. Liefert ein Experiment ein signifikantes Ergebnis, dann wird daraus häufig geschlossen, dass die hinter der Arbeit stehende Hypothese mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt ist. Aber das ist ein Fehlschluss

Die sauberste Orgel der Welt

Die Zeit, 19.12.13

Der Computer macht’s möglich: Eine variabel gestimmte Orgel klingt so rein wie nie zuvor.

Die Orgel, Königin der Instrumente! Kein anderes Musikinstrument hat einen solchen Tonumfang, eine solche Klangvielfalt, füllt den Raum, vorzugsweise eine Kirche, derart mit majestätischen Tönen.

Aber jede Orgel, man muss es leider sagen, klingt schief. Das liegt nicht am Organisten und nicht am Orgelbauer, es liegt an der Mathematik. Unser Tonsystem, das seit den altgriechischen Pythagoreern auf harmonischen Schwingungsverhältnissen aufbaut, hat einen eingebauten Fehler. Es ist nicht möglich, alle zwölf Töne der Tonleiter so zu stimmen, dass die harmonisch wichtigsten Intervalle, die Quinten und Terzen, alle sauber klingen

Kai aus der Kiste

Die Zeit, 17.12.13

Zehn Jahre hatte sich der Informatik-Star Kai Krause zurückgezogen. Jetzt feiert er mit einer Mathematik-App einen Erfolg.

„Diese App ist so schön, ich möchte weinen“, twitterte der englische Schriftsteller und Schauspieler Stephen Fry am 2. Oktober. Gemeint war die App Frax, die man fürs iPhone und iPad kaufen kann. Fry hat 6,2 Millionen Twitter-Follower, und ein paar Tage später stand Frax auf Platz eins in der Hitliste der kostenpflichtigen Tablet-Programme. Offenbar waren viele Menschen bereit, 3,59 Euro für ein Programm zu bezahlen, das eigentlich keiner braucht.

Frax ist kein Spiel, jedenfalls kann man keine Vögel abschießen oder Punktzahlen erreichen, und ein Lernprogramm ist es auch nicht. Mit Frax kann der User auf nie dagewesene Art die Welt der Fraktale erkunden, jene verzweigten und verästelten mathematischen Strukturen, die auf eine simple Gleichung zurückgehen und nur mithilfe des Computers sichtbar gemacht werden können

Stimmt die Chemie?

Die Zeit, 28.9.13

Am Sonntag geht „Breaking Bad“ zu Ende. Fans untersuchen die TV-Kultserie auf wissenschaftliche Korrektheit.

Nein, es kann kein gutes Ende nehmen mit Walter White. Zu tief hat sich der Mann, der doch nur ein spießiger Chemielehrer war, verstrickt im Sumpf von Drogen und Verbrechen.

Wird ein Verfolger, ob Polizist oder Drogenboss, ihm eine Kugel verpassen in der letzten Folge von Breaking Bad, die am Sonntag in den USA ausgestrahlt wird (und zwei Tage später auf dem deutschen Kabelkanal AXN)? Wird ihn sein Lungenkrebs besiegen? Oder schafft er es doch noch, mit Frau und zwei Kindern zu entkommen und irgendwo auf der Welt mit seinen illegal verdienten Millionen ein neues Leben anzufangen?

Breaking Bad, eine der besten Fernsehserien aller Zeiten, geht am Wochenende definitiv zu Ende. Auch in Deutschland hat die Serie viele Fans, die sie entweder im Original anschauen oder in der synchronisierten Fassung (die Ausstrahlung der letzten Staffel auf Arte beginnt am 6. Dezember). Wer nicht wissen will, wie es ausgeht, der muss für ein paar Tage zumindest das englischsprachige Internet ausblenden.

Ein Chemiker als Serienheld – das gibt es nicht oft. Nun gut, „Held“ ist vielleicht ein Euphemismus angesichts der charakterlichen Entwicklung, die Walter White (gespielt von Bryan Cranston) im Verlauf der 62 Folgen durchgemacht hat. Zumal seine zweite Karriere darauf beruht, dass er ein neues Verfahren entwickelt, um die gefährliche Droge N-Methylamphetamin, kurz Meth, zu synthetisieren. Aber zumindest spielt die Naturwissenschaft eine große Rolle. Viele Zuschauer fragen sich: Stimmt die Chemie? Oder ist Breaking Bad letztlich Science-Fiction?

Nobelpreisträger erklärt Stau-Frust

Die Zeit, 26.8.13

Warum glauben wir im Stau stets, in der langsameren Spur zu stehen? Der Nobelpreisträger Paul Krugman versuchte eine Erklärung und hat eine Mathe-Debatte ausgelöst.

Paul Krugman, linksliberaler Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger, geriet Ende Juli auf der Interstate 91 im Nordosten der USA in einen Stau. In seinem viel gelesenen Blog, The Conscience of a Liberal, das er auf der Website der New York Times pflegt, verarbeitete er seine Erfahrung zu einem „Gedankenexperiment„: Stellen Sie sich vor, Sie können im Stau nicht die Spur wechseln. Auf der Hälfte der Strecke haben Sie freie Fahrt, das heißt in den USA: Sie fahren mit 60 Meilen pro Stunde. Auf der anderen Hälfte geht es nur langsam voran, mit 15 Meilen.

Auf der anderen Spur ist es insgesamt genauso, nur dass die langsamen Stellen eventuell anders verteilt sind. Mal fährt also die linke Spur schneller als die rechte, mal umgekehrt. Letztlich braucht man auf beiden Fahrbahnen exakt gleich lange für die Strecke von A nach B, denn im Schnitt fahren alle 24 Meilen pro Stunde. Man sollte annehmen, dass man genauso viel Zeit mit Überholen verbringt, wie man selbst überholt wird, aber, so Krugman: „Sie verbringen viermal so viel Zeit damit, die anderen Typen an sich vorbeirasen zu sehen.“ Deshalb habe jeder Fahrer das Gefühl, die falsche, langsamere Spur gewählt zu haben. Das führe zu Frust und Ärger, selbst bei mathematisch beschlagenen Menschen.

Ein solcher Leser des Blogs war Andy Ruina, Robotik-Professor an der Cornell-Universität im Bundesstaat New York. Ruina zweifelte Krugmans Berechnung an