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Warum sind die meisten Studien falsch, Herr Ioannidis?

Die Zeit

Der Medizinstatistiker ist der größte Kritiker halbgarer Forschung. Immer wieder rechnet er seinen Kollegen vor, wie häufig in wissenschaftlichen Studien geschlampt und getrickst wird.

„David, ich bin ein Versager.“ Mit diesen Worten beginnt ein offener Brief, den John Ioannidis an David Sackett geschrieben hat, einen der Väter der evidenzbasierten Medizin. Nun ist Sackett schon seit zwei Jahren tot, aber geschickt hatte Ioannidis ihn ja auch ans Journal of Clinical Epidemiology. Dort erschien er im vergangenen März – eine einzige Selbstgeißelung: Der Anspruch der wissenschaftlichen Medizin, ihre Erkenntnisse auf empirische, methodisch saubere Studien zu gründen, sei in den letzten zehn Jahren nicht eingelöst worden. Die Industrie habe die Wissenschaft in Geiselhaft genommen, medizinische Studien würden vor allem zu Werbezwecken eingesetzt. „Ich frage mich oft: Was für Monster haben wir da erschaffen?“, schrieb Ioannidis in der Pose des Zweifelnden, ja Verzweifelten. „Wir bejubeln Leute, die gelernt haben, Geld aufzusaugen, ihre Arbeit mit der besten PR aufzublasen, immer bombastischer und weniger selbstkritisch zu werden. Das sind die wissenschaftlichen Helden des 21. Jahrhunderts.“ Die Parallelen zur Politik sind unübersehbar. Was aber hat es mit dem drastischen Lamento auf sich? Und wer ist der Mann, der öffentlichkeitswirksam einem Toten schreibt?

Das Grundschul-Lotto

Die Zeit

Ganz gerecht soll es zugehen bei der Einschulung in San Francisco – damit die Armen und die Reichen nicht unter sich bleiben. Geregelt wird das per Computer-Algorithmus. Unser Autor Christoph Drösser berichtet, was seine Familie dabei erlebt hat.

Wie sorgt man dafür, dass alle Kinder die gleichen Chancen bekommen? In Deutschland wird neuerdings darüber diskutiert, ob man Quoten, etwa für Schüler mit Migrationshintergrund, in den Klassen einführen sollte. In den USA gibt es schon lange eine Auseinandersetzung über soziale Gerechtigkeit in den öffentlichen Schulen. Viele Städte versuchen, die wieder zunehmende Segregation zwischen Weißen, Schwarzen, Latinos und Asiaten zu bekämpfen. In der Vergangenheit wurden Schüler oft zwangsweise in weit entfernte Schulen geschickt (busing), aber Gerichte haben solche Maßnahmen eingeschränkt. Das Kriterium Rasse darf bei der Verteilung von Schülern keine Rolle mehr spielen. San Francisco versucht, die Gerechtigkeit mithilfe von Algorithmen herzustellen. In einem komplizierten Prozess berechnen sie, was Tausende Eltern jedes Jahr monatelang beschäftigt