Unnötig komplex
Die Zeit, 27.9.12
Die Formel für die Sitzverteilung im Parlament wird keiner verstehen.
Hand aufs Herz – könnten Sie in einem Satz erklären, wie in der Vergangenheit der Bundestag gewählt wurde? Etwa so: 299 Sitze wurden direkt in den Wahlkreisen an die Kandidaten mit den meisten Erststimmen vergeben, dann wurden noch einmal 299 so verteilt, dass der Gesamtproporz dem Zweitstimmenergebnis entsprach.
Das geht gar nicht, sagte das Bundesverfassungsgericht zu Recht und beauftragte die Politik mit einer Nachbesserung. …
Der einsame Gewinner
Die Zeit, 30.8.12
Eine neue Strategie für das „Gefangenendilemma“ taugt nur in der Theorie. In der Natur versagt das angebliche Patentrezept.
Zwei Ganoven, eines Bankraubs verdächtigt, sitzen in Untersuchungshaft. Noch kann man ihnen nur ein geringes Vergehen nachweisen, eine Urkundenfälschung. Die Strafverfolger bieten einen Deal an: Wer seinen Kumpel verpfeift, bekommt freies Geleit, der andere geht für sechs Monate ins Gefängnis. Sagt jeder gegen den anderen aus, bekommen beide drei Monate Knast. Verweigern beide die Aussage, bekommen sie je einen Monat wegen Urkundenfälschung.
Interessanter wird das Problem, wenn man das Spiel immer wieder spielt. Lernen die beiden zu kooperieren, oder versucht jeder, den anderen übers Ohr zu hauen? Was für eine Strategie muss ich wählen, wenn ich den Charakter meines Gegenübers nicht einschätzen kann? Die Frage ist nicht nur theoretisch – sie findet Anwendung im Geschäftsleben, bei Abrüstungsverhandlungen, und sie lässt sich in der Tierwelt beobachten. Als beste Strategie galt bisher tit for tat („wie du mir, so ich dir“): Jeder verhält sich so, wie es sein Gegner im vorherigen Zug getan hat. Verrät der andere mich ständig, verrate ich ihn auch. Nimmt er aber ein Kooperationsangebot an, können wir in weiteren Zügen zum gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten.
Umso größer war das Aufsehen, als im Mai dieses Jahres ein Artikel des amerikanischen Physikers Freeman Dyson und seines Kollegen William Press in der Zeitschrift PNAS erschien …

Geht da noch was?
Die Zeit, 26.7.12
Die Zuschauer erwarten bei den Olympischen Spielen Rekorde – in manchen Disziplinen lässt sich die Leistung aber kaum noch steiger.
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Einatmen, aufatmen
Die Zeit, 5.7.12
Italienische Arien schmettern – wo ginge das besser als in der Toskana? Zum Gesangsunterricht ins Landhotel.
ch hatte Fracksausen. „Tafeln mit Rossini – italienisch singen und kochen“ hieß der Kurs. Eine Woche Toskana, schöne Landschaft, gutes Essen – das war verlockend. Aber italienisch singen? Und es ging nicht etwa um Adriano Celentano oder Eros Ramazzotti. „Bitte bereiten Sie zwei bis drei Stücke der italienischen Gesangskunst vor“, stand in den Teilnahmebedingungen. Das überforderte mich schon darum, weil mir außer ’O Sole Mio nicht viel einfiel, was als „italienische Gesangskunst“ durchgegangen wäre. Singen an sich war nicht das Problem – ich singe gerne und viel, in Chören und Ensembles, allerdings nur Pop, Rock und Jazz. Um die Klassik habe ich bislang einen Bogen gemacht, da wird doch irgendwie anders gesungen. Kann ich das? Oder werde ich mich völlig blamieren? …

Die Universalmaschine
Die Zeit
Am 23. Juni wäre Alan Turing 100 Jahre alt geworden. Seine „Turing-Maschine“ war ein reines Gedankenexperiment, aber auch das Vorbild für alle digitalen Computer. Wir zeigen mit einem simplen Programm, wie sie funktioniert.
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Lobbyisten gegen esoterische Umtriebe
Die Zeit
Brauchen kritische Denker eine Kampforganisation gegen Abstruses? In Berlin treffen sich Skeptiker zu einem Weltkongress. Ein Interview mit Martin Mahner dem Leiter des Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken der deutschen Skeptikerorganisation GWUP.
DIE ZEIT: Was darf sich der Leser unter einem Skeptiker vorstellen?
ZEIT: Da haben Sie ja in letzter Zeit Gesellschaft bekommen, etwa durch die „Klimaskeptiker“ und die „Evolutionsskeptiker“.
Mahner: Das ist aus unserer Sicht natürlich ein Pseudoskeptizismus – da werden wohletablierte Dinge aus übergeordneten Interessen heraus bezweifelt …

Gas geben
Die Zeit
Das deutsche Autobahnnetz ist weit verzweigt. Auf rund 12.800 Kilometern gelangen Fahrer durch die Republik – wenn sie nicht gerade im Stau stehen. Die Grafik zeigt, wo besonders viel Verkehr herrscht und wo man noch heizen darf
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Wasserwahnsinn
Die Zeit
Was bringt Menschen dazu, Wasser in Flaschen kistenweise in ihre Wohnungen zu schleppen und 400-mal so viel dafür auszugeben wie für das einwandfreie Trinkwasser, das sich bequem aus der Leitung zapfen lässt? Warum zahlen wir für Wasser aus Norwegen, Tasmanien und Südafrika in Designerflakons noch einmal ein Mehrfaches des Preises von einheimischem Mineralwasser, wenn wir noch nicht einmal den Unterschied schmecken können? Warum ernten wir im Restaurant verächtliche Blicke, wenn wir ein Glas Leitungswasser bestellen?
Während unser Trinkwasser immer besser geworden ist, hat sich der Verbrauch von Flaschenwasser in Deutschland in den vergangenen 40 Jahren verzehnfacht. Ein Wohlstandsphänomen und ein Beispiel für gelungenes Marketing. Aber das Wasser aus Glas- und PET-Flasche belastet die Umwelt tausendmal so stark wie die Erfrischung aus dem Hahn.