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ZEIT Akademie „Mathematik – Menschen, Rätsel und Beweise“

Lassen Sie sich den Einfluss der Mathematik auf Ihren Alltag erklären: Wie findet man den kürzesten Weg von A nach B? Ist Mathematik auch Kunst? Welche Bedeutung hat sie für die Technik? Welche Persönlichkeiten beeinflussen diese Wissenschaft? Und welche ungelösten Fragen existieren bis heute?

Von Pythagoras bis hin zu modernen Rästeln: In 11 spannungsreichen Lektionen erhalten Sie einen Einblick in die großen Fragen der Mathematik des 20. und 21. Jahrhunderts. Anschaulich erläutert Prof. Dr. Günter M. Ziegler von der Freien Universität Berlin die bunten Facetten und Dimensionen dieser faszinierenden Wissenschaft.

Die Feuergleichung

Die Zeit

Martin Hairer erklärt, wie Papier verbrennt. Dafür bekommt er die höchste mathematische Auszeichnun.

Papa, was machst du den ganzen Tag, wenn du zur Arbeit gehst?“ Glücklich sind Eltern, die auf diese Frage eine Antwort geben können wie „Brot backen“ oder „Kranke heilen“. Martin Hairers Vater antwortete: „Differentialgleichungen lösen.“

Vater Hairer, ein gebürtiger Österreicher, lehrte an der Universität Genf Mathematik. Der kleine Martin ließ nicht locker, bis er verstanden hatte, was hinter diesen Differentialgleichungen steckt. Und für seine eigenen Arbeiten zu diesem Thema erhielt er am Mittwoch auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Seoul die begehrte Fields-Medaille.

„Nobelpreis der Mathematik“ wird diese Auszeichnung oft genannt. Nur alle vier Jahre wird sie verliehen und stellt die höchste akademische Ehrung dar, die ein Mathematiker erreichen kann

Wie wahrscheinlich die Fünfer-Reihe ist

Die Zeit

Drei Lotto-Spieler haben am Mittwoch auf die richtigen Zahlen gesetzt: 9, 10, 11, 12, 13 wurden als Reihe gezogen – und die 37. Äußerst ungewöhnlich! Wirklich?

Die Lotto-Welt steht Kopf: 9, 10, 11, 12 ,13 und dazu noch die 37, das waren die Zahlen von Mittwochabend. Die „Lottofee“ Nina Azizi verzog keine Miene, als sie diese Reihe vorlas. Aber fünf Zahlen in einer Reihe – das gibt’s doch nicht? Doch, gab’s schon mal, nämlich am 10. April 1999. Da war die Reihe 2, 3, 4, 5, 6 unter den Zahlen. Damals hatten 31 Menschen die korrekte Folge getippt, und für fünf Richtige gab es nur 194 Euro.

Umso erstaunlicher ist es, dass diesmal nur drei Spieler sechs Richtige haben und immerhin noch je 262.713,90 Euro kassieren. Keiner von ihnen tippte die richtige Zusatzzahl, der Jackpot von vier Millionen Euro bleibt unangetastet und steigt auf sieben Millionen. Für fünf Richtige gibt es diese Woche jeweils 1.014,70 Euro (mit Superzahl 2.478,40), teilte der Deutsche Lottoblock am Donnerstagmittag mit.

Aber wie wahrscheinlich ist es, dass solche regelmäßigen Zahlenmuster tatsächlich gezogen werden? 

Die ersten 22.514 Stellen von Pi

Die Zeit, 13.3.14

Daniel Tammet ist mehr als nur ein Wunderrechner. Er ist einer, den die Welt begeistert.

Daniel Tammet ist ein „hochfunktionaler autistischer Savant„, ein Mann mit einer sogenannten Inselbegabung. Die besteht darin, dass er sich Details gut merken kann, besonders Zahlen. Zudem ist er Synästhetiker – jede Zahl hat für ihn eine bestimmte Farbe und Gestalt. In seinem ersten Buch Elf ist freundlich und fünf ist laut hat er beschrieben, wie sich das anfühlt. Seitdem wird er als der „geniale Autist“ durch die Talkshows geschickt. Auch für sein neues Buch wird damit geworben, dass Tammet „der vielleicht intelligenteste Mensch der Welt“ sei

Kai aus der Kiste

Die Zeit, 17.12.13

Zehn Jahre hatte sich der Informatik-Star Kai Krause zurückgezogen. Jetzt feiert er mit einer Mathematik-App einen Erfolg.

„Diese App ist so schön, ich möchte weinen“, twitterte der englische Schriftsteller und Schauspieler Stephen Fry am 2. Oktober. Gemeint war die App Frax, die man fürs iPhone und iPad kaufen kann. Fry hat 6,2 Millionen Twitter-Follower, und ein paar Tage später stand Frax auf Platz eins in der Hitliste der kostenpflichtigen Tablet-Programme. Offenbar waren viele Menschen bereit, 3,59 Euro für ein Programm zu bezahlen, das eigentlich keiner braucht.

Frax ist kein Spiel, jedenfalls kann man keine Vögel abschießen oder Punktzahlen erreichen, und ein Lernprogramm ist es auch nicht. Mit Frax kann der User auf nie dagewesene Art die Welt der Fraktale erkunden, jene verzweigten und verästelten mathematischen Strukturen, die auf eine simple Gleichung zurückgehen und nur mithilfe des Computers sichtbar gemacht werden können

Nobelpreisträger erklärt Stau-Frust

Die Zeit, 26.8.13

Warum glauben wir im Stau stets, in der langsameren Spur zu stehen? Der Nobelpreisträger Paul Krugman versuchte eine Erklärung und hat eine Mathe-Debatte ausgelöst.

Paul Krugman, linksliberaler Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger, geriet Ende Juli auf der Interstate 91 im Nordosten der USA in einen Stau. In seinem viel gelesenen Blog, The Conscience of a Liberal, das er auf der Website der New York Times pflegt, verarbeitete er seine Erfahrung zu einem „Gedankenexperiment„: Stellen Sie sich vor, Sie können im Stau nicht die Spur wechseln. Auf der Hälfte der Strecke haben Sie freie Fahrt, das heißt in den USA: Sie fahren mit 60 Meilen pro Stunde. Auf der anderen Hälfte geht es nur langsam voran, mit 15 Meilen.

Auf der anderen Spur ist es insgesamt genauso, nur dass die langsamen Stellen eventuell anders verteilt sind. Mal fährt also die linke Spur schneller als die rechte, mal umgekehrt. Letztlich braucht man auf beiden Fahrbahnen exakt gleich lange für die Strecke von A nach B, denn im Schnitt fahren alle 24 Meilen pro Stunde. Man sollte annehmen, dass man genauso viel Zeit mit Überholen verbringt, wie man selbst überholt wird, aber, so Krugman: „Sie verbringen viermal so viel Zeit damit, die anderen Typen an sich vorbeirasen zu sehen.“ Deshalb habe jeder Fahrer das Gefühl, die falsche, langsamere Spur gewählt zu haben. Das führe zu Frust und Ärger, selbst bei mathematisch beschlagenen Menschen.

Ein solcher Leser des Blogs war Andy Ruina, Robotik-Professor an der Cornell-Universität im Bundesstaat New York. Ruina zweifelte Krugmans Berechnung an

Wer mit wem?

Die Zeit, 8.8.13

„Wahlistik“ bei ZEIT ONLINE: Wie lassen sich die Wahrscheinlichkeiten denkbarer Koalitionen berechnen?

Wahlumfragen scheinen eine präzise Antwort auf die „Sonntagsfrage“ zu geben: Für wen würden die Deutschen stimmen, wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre? In diesen Wochen geht es auf und ab – mal reicht es für die regierende schwarz-gelbe Koalition, mal nicht. In Wirklichkeit stecken hinter den Zahlen große Unsicherheiten. Weil sie auf Stichproben von 1.000 bis 2.500 Bürgern basieren, treffen sie die tatsächliche Stimmung in der Bevölkerung nie genau – sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Wie müsste ein Modell aussehen, das dieser Tatsache Rechnung trägt? Wie könnte man für alle realistisch denkbaren Koalitionen die Wahrscheinlichkeit ihrer Möglichkeit nach der Wahl angeben? Helmut Küchenhoff und Andreas Bender vom Institut für Statistik der Universität München haben für die ZEIT und ZEIT ONLINE ein Modell entwickelt, das genau dies tun soll. Wir nennen es „Wahlistik“

Das Muster im Zufall

Die Zeit, 27.6.13

Zwei große Rätsel über Primzahlen sind der Lösung ein Stück näher gekommen.

Forschung ist heutzutage ein Mannschaftssport – große Durchbrüche werden meist von Teams erreicht. Das gilt im Prinzip auch für die Mathematik, aber hier passiert es doch ab und zu, dass ein einzelner Wissenschaftler nach jahrelanger Eremitenarbeit in seiner Studierstube mit einem bahnbrechenden Ergebnis aufwartet und ein Problem löst, an dem sich seine Kollegen jahre-, manchmal jahrhundertelang die Zähne ausgebissen haben.

Im Mai ist das gleich zweimal geschehen, und beide Male ging es um Primzahlen 

Deutschland braucht Nachhilfe in Mathe

Die Zeit, 29.5.13

Zum ersten Mal zeigt eine Studie, wie fit die Deutschen in Mathematik sind. Die Note: mangelhaft. Doch es liegt nicht daran, dass sie zu dumm sind.

In unserem Land wird es in absehbarer Zeit keine Mehrheit für ein Tempolimit auf den Autobahnen geben. Das hat nicht nur mit der Freude am schnellen Fahren zu tun, glaubt Ulrich Kortenkamp. Sondern auch mit einer fundamentalen Rechenschwäche: „Die Deutschen sind nicht in der Lage vorherzusagen, wie sich ihre Fahrzeit bei einer Änderung der Geschwindigkeit verändert.“

Wüssten sie, wie wenig Zeit sie durchs Rasen einsparen, wären sie vielleicht offener für eine Geschwindigkeitsbegrenzung, meint der Professor für Mathematikdidaktik von der Universität Halle.

Kortenkamp hat zusammen mit seinem Saarbrücker Kollegen Anselm Lambert die Fragen zu dem großen Mathematik-Test entwickelt, den DIE ZEIT, die Stiftung Rechnen und das Meinungsforschungsinstitut Forsa im April mehr als 1.000 repräsentativ ausgewählten Deutschen vorgelegt haben

Dazu:

Genie oder Niete? Erfahren Sie, was von Ihrem Schulwissen in Mathematik übrig ist und wie Sie damit im Deutschlandvergleich abschneiden.

Liebe Leser, Sie rechnen überdurchschnittlich gut

Können Frauen schlechter rechnen als Männer?

Elmar Tenorth: „Ohne Mathematik-Verstand ist man kulturbehindert“

 

Auf der Schulter des Gelehrten

Die Zeit, 25.4.13

Der Mathematiker Cédric Villani hat ein fulminantes autobiografisches Buch geschrieben.

Dieses Buch ist eine Zumutung. Wie viele Menschen können die Formeln verstehen, die es seitenweise füllen? „Im Wesentlichen niemand“, sagt der Autor am Telefon. „Nicht einmal professionelle Mathematiker.“

Wenn deutsche Top-Mathematiker, etwa Günter Ziegler oder Albrecht Beutelspacher, Bücher für das allgemeine Publikum schreiben, stapeln sie tief: ein bisschen was über Primzahlen, dazu der Satz des Pythagoras, alles immer schön didaktisch. Die Botschaft: Mathe ist doch gar nicht so schwer!

Die Botschaft von Cédric Villanis Buch Das lebendige Theorem ist hingegen: Mathematik ist verdammt schwer. Der Franzose hat 2010 die Fields-Medaille bekommen, die höchste Auszeichnung seiner Zunft. In seinem Buch beschreibt er die zweieinhalb Jahre davor, in denen er an einem mathematischen Beweis fast verzweifelte