Der gute Cop

Zeit Online

Gerard de Graaf hat an zwei großen EU-Digitalgesetzen mitgewerkelt. Nun schickt ihn die EU als Vertreter ins Silicon Valley. Was kann er dort bewirken?

Gerard de Graaf soll Techfirmen wie Google, Apple und Meta die europäische Regulierung der digitalen Märkte und Plattformen erklären. Im Idealfall soll er sie sogar dafür begeistern. So jedenfalls lautet die Arbeitsplatzbeschreibung des neuen EU-Repräsentanten in San Francisco

Auf der Suche nach dem Metaverse

Zeit Online

Unser Autor wollte im neuen Meta-Store das Metaverse ausprobieren, fand aber nur VR-Brillen. Mehr Glück hatte er an einem unvermuteten Ort: im Kinderzimmer seines Sohnes.

Man muss schon wissen, was man sucht. Denn hier, direkt am Wasser der San Francisco Bay, zwischen modernen Bürogebäuden, würde man ein Ladengeschäft nicht vermuten. Nur ein unscheinbares Schild leitet den Weg zum ersten Geschäft von Meta, früher besser bekannt als Facebook. Darauf zu sehen: das Meta-Logo, eine quer gelegte 8, und darunter das Wort „Store“.

Am Montag hat das Geschäft eröffnet, am Tag danach ist der Kundenandrang überschaubar. Ich reihe mich in eine kurze Schlange am Eingang ein, schon nach zwei Minuten werde ich hineingebeten.

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Doppelmoral im Silicon Valley

Deutschlandfunk Kultur

Die Autorin Anna Wiener beschreibt in ihrem autobiografischen Buch Uncanny Valley, wie in der Tech-Branche Anspruch und Wirklichkeit aufeinander prallen.

Mit Mitte 20 kam Anna Wiener von New York nach San Francisco und heuerte als Kundendienstmitarbeiterin bei einem Startup an. Ihre Biografie liest sich fast wie die Beschreibung eines Kults, aus dem sie sich nach 5 Jahren (und mit 200.000 Dollar auf der Bank) befreit hat.

Ich habe Anna Wiener interviewt und ihr Buch für das Literaturmagazin „Lesart“ rezensiert.

Zum Radiobeitrag

Von wegen Namen tanzen

Ein Besuch in der Waldorf School of the Peninsula, die eine Oase in der technikzentrierten Welt des Silicon Valley darstellt.

(Anmerkung: Dies ist die Originalfassung eines Textes, von dem Teile in dem Artikel Nächste Stunde: Namen tanzen der ZEIT vom 28. August 2019 verwendet wurden.)

Das Facebook-Hauptquartier liegt eine Viertelstunde nördlich, der Apple-Campus eine Viertelstunde südlich. Und zum Googleplex kann man zu Fuß gehen. Die Waldorf School of the Peninsula befindet sich im Zentrum von Silicon Valley, und aus den Mitarbeitern der Tech-Konzerne rekrutiert sich ein großer Teil der Elternschaft. Es scheint fast so, als wollten die Menschen, die in ihrer täglichen Arbeit immer neue Gadgets und Online-Ablenkungen erschaffen, ihre eigenen Kinder von diesen Produkten fernhalten und sie in einer technikfreien Schutzzone aufwachsen lassen.

„Wir sind nicht gegen Technik, wir sind für den richtigen Einsatz von Technik“, sagt Pierre Laurent, der Vorsitzende des Beirats der Schule. Und das bedeutet konkret: Nicht nur die Handys der Schüler müssen ausgeschaltet im Rucksack bleiben, bis zur 10. Klasse sind auch Computer im Unterricht tabu. Entsprechend der Waldorf-Philosophie lernen die Jugendlichen vorwiegend anhand von Primärquellen und ohne Schulbücher.

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Der Beinahe-Bill-Gates

Die Zeit

Lee Felsenstein entwickelte den ersten tragbaren Computer. Trotzdem wurde er weder reich noch berühmt. Ein Dokumentarfilm würdigt ihn und andere gescheiterte Pioniere des Silicon Valley.

Die bekannten Geschichten aus dem Silicon Valley sind Erfolgsgeschichten. Sie handeln von Menschen, die eine Idee haben, mit der sie die Welt beglücken und die ihnen unermesslichen Reichtum beschert. Aber die Historie des Silicon Valley ist zugleich voll von Pionieren, die Außerordentliches geleistet haben und weder reich geworden sind noch berühmt. Lee Felsenstein ist einer von ihnen.

Der 71-Jährige gehört zu den Vätern des Personal Computers, er hat den ersten tragbaren – oder sagen wir: schleppbaren – PC entwickelt. In den Kämpfen der studentenbewegten Zeit an der University of California in Berkeley entwickelte Felsenstein das erste soziale Computermedium, vor dem Internet, lange vor Facebook und Twitter. Eigentlich war er stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort, aber es kam immer irgendetwas dazwischen. Ein Dokumentarfilm von Jan Tenhaven setzt nun Figuren wie Felsenstein ein liebevolles Denkmal – Menschen, die mehr der alternativen Szene der Hippies und Beatniks verbunden waren als der Wall Street

Highway to sell

Zeit Online

Sie haben eine Idee für ein neues Produkt? Aber keinen Plan, wie Sie sie am besten umsetzen? In den USA können sie es in vier Monaten lernen – inklusive Besuch in China.

Am Anfang war die Idee: Der eigene Stromverbrauch soll möglichst intuitiv kontrolliert und gemessen werden können. Es gibt zwar sogenannte Smart Meter von manchen Energieversorgern, aber längst nicht jeder Verbraucher hat Zugang zu einem solchen Gerät. Die Lücke will die Firma Canary Instruments füllen: mit einem eigenen System, das jeder Verbraucher zu Hause installieren kann, ohne dabei mit Strom führenden Drähten zu hantieren. Per Induktion wird der Stromverbrauch am Hauptkabel gemessen. „Wir haben ein intelligentes Nachtlicht erfunden, das Ihnen in Echtzeit mit Licht ein wunderschönes intuitives Feedback über Ihren Stromverbrauch gibt“, sagt Kimberli Hudson, Geschäftsführerin von Canary Instruments.

Das ist schon einmal ein ziemlich guter elevator pitch, die knappste Form der Firmenpräsentation. Das Start-up hat sogar schon 300 Geräte verkauft, aber es ist noch einiges zu tun, um aus Canary Energy ein massentaugliches Produkt zu machen: Das Kästchen hat zwar zwei geschwungene Leuchtbögen, die per Farbe den aktuellen und täglichen Verbrauch verdeutlichen, ist ansonsten aber noch ziemlich hässlich und sieht ein bisschen selbst gebastelt aus. Da muss ein Designer ran. Und wenn das Produkt fertig ist, braucht man eine Fabrik, die es produziert, einen Finanzplan, einen Vertrieb

Ring an Großhirn!

Die Zeit

Alles spürt, empfängt, speichert, verarbeitet, sendet.

In der vergangenen Woche trafen sich in San Francisco Entwickler, Produzenten und Investoren zur Solid Conference 2015. Auf dieser Messe für „Hardware, Software und das Internet der Dinge“ philosophierte die Szene über die Trends der Zukunft und stellte neue Produkte vor, die der Vision der allseitigen Vernetzung folgen. Manches davon ist nützlich, anderes eher verschroben. Hier einige Beispiele 

Das Auto aus dem Drucker

Zeit Online

Der Unternehmer Kevin Czinger hat in San Francisco ein neuartiges Leichtbaufahrzeug vorgestellt. Damit will er nicht weniger als die Autoindustrie umwälzen.

Batterien sind eine dreckige Angelegenheit. Nicht für den stolzen Besitzer eines elektrisch betriebenen SUV, der mit einem sogenannten Nullemissionsauto sein Umweltbewusstsein demonstriert. Aber in China, wo die Energiespeicher dafür produziert werden, ist die Luft 40-mal so dreckig, wie sie nach westlichen Standards sein dürfte.

Kevin Czinger wurde das bewusst, als er seinen Sohn ins chinesische Harbin schickte, als Mitarbeiter in eine Fabrik seiner einstigen Firma Coda Automotive. Wie stark ein Auto die Umwelt belastet, hängt nicht nur von der Energie ab, die es beim Fahren verbraucht. Ein Auto muss gebaut werden unter Einsatz von Rohstoffen. Um es fahrbereit zu machen, muss man entweder Öl fördern und raffinieren oder eben Batterien produzieren. Die Umweltbelastung, die schon entstanden ist, bevor das Auto einen einzigen Kilometer gefahren ist, kann man oft nicht mehr gut machen, auch wenn der Wagen noch so sauber fährt.

Deshalb konnte Czinger am Mittwoch auf der Solid-Konferenz in San Francisco einen Sportwagen präsentieren, der mit einem 700 PS starken Verbrennungsmotor in zwei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt – und trotzdem nach seiner Aussage eine bessere Ökobilanz hat als jedes Elektrofahrzeug

Nur das Glück kann er nicht finden

Zeit Online

Der Deutsche Lutz Finger analysiert für das Netzwerk LinkedIn den größten Datenschatz zum Arbeitsmarkt. Was kann er aus den Lebensläufen ablesen?

Er versetzt sich gerne in andere Menschen. Schaut sich an, wie sie in den sozialen Netzwerken wahrgenommen werden, was über sie getwittert und gepostet wird. Lutz Finger ist Spezialist für die großen Datenberge in Netzwerken. Früher konnten Unternehmen auf den Deutschen und seine Firma Fisheye Analytics zukommen, die spezialisiert ist auf Big Data in sozialen Netzwerken. Sie greift das endlose Palaver auf Twitter und Facebook ab und drückt für ihre Kunden in Zahlen aus, wie die Internet-Massen über sie reden.

Vor zwei Jahren hat Finger die Firma für einige Millionen Dollar verkauft. Er betreibt seine Datenanalysen jetzt für LinkedIn, dem größten sozialen Netzwerk für Geschäftskontakte. Als „Director of Data Science and Data Engineering“ analysiert der 43-Jährige gelernte Quantenphysiker das, was die Mitglieder dem Berufsnetzwerk an persönlichen Daten über ihre Ausbildung und ihren Werdegang anvertrauen. Finger versucht, daraus neue Produkte für die Klientel zu entwickeln

Essen messen mit der Crowd

Zeit Online

Das Start-up Premise sammelt per App von seinen Nutzern in Entwicklungsländern Nahrungsmittelpreise. So entstehen schnell präzise Lagebilder von ganzen Volkswirtschaften.

„Mach Fotos und werde dafür bezahlt!“ Wer so eine Anzeige auf Facebook sieht, der vermutet dahinter wahrscheinlich kein seriöses Unternehmen. Aber 4.000 Menschen in 30 Ländern der Welt bekommen tatsächlich Geld dafür, dass sie mit ihrem Handy in den Lebensmittelladen um die Ecke gehen, Fotos von Waren machen, den Preis notieren und Bilder und Daten ins Netz hochladen. In einigen Entwicklungsländern bestreiten eifrige Sammler sogar ihren Lebensunterhalt damit.

Die Firma, die mit diesen Anzeigen Zuarbeiter anwirbt, heißt Premise und ist ein Start-up im SoMa-Distrikt von San Francisco, dem Hotspot der Branche. Die etwa 30 Mitarbeiter bekommen täglich Tausende von Fotos und Datenpunkten aus aller Welt und erstellen damit ökonomische Charts, die präziser sind als die monatlichen Berichte der Regierungen. Ob Indien, Brasilien, China oder Vietnam – Premise verfolgt die Preise für Brot, Gemüse und Coca-Cola im Tagesrhythmus, genau und ungeschönt. Aber das soll nur der Anfang sein: Mit derselben Technik lassen sich auch soziale Missstände und politische Stimmungen in Echtzeit erfassen. Die Welt wird plötzlich transparent auch in Ländern, von denen wir bisher nur sehr löchrige Informationen besaßen